Das Grüne Frühstück im Mai 2015: Auf zum IDAHO

Kristina und  Silke Dickenberger:

2015-05_Frühstück-2Das Grüne Frühstück machte in diesem Monat einen Ausflug nach Frankfurt: zu den Aktionen rund um den IDAHO. 

Der IDAHO

Der IDAHO, mittlerweile erweitert zum IDAHOBIT, ist der Internationale Tag gegen Homophobie, Biphobie und Transphobie. Er findet am 17. Mai jeden Jahres statt, denn an jenem Tag im Jahr 1990 beschloss die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität als Diagnose/ Krankheit zu streichen.

Der IDAHO erinnert in Deutschland zudem an den §175 des Strafgesetzbuches, der, 1872 eingeführt, Sex unter Männern unter Strafe stellte und erst 1994 aufgehoben wurde. Etwa 140.000 Menschen wurden seinetwegen verurteilt.

Der 17. Mai macht darauf aufmerksam, dass Diskriminierung und Verfolgung aufgrund von Homosexualität bis heute nicht überwunden ist. In 70 Ländern steht Homosexualität unter Strafe und auch hierzulande ist es noch nicht lange her, dass sie offiziell als „schwere Gefahr für gesunde und natürliche Lebensordnung im Volke“ gesehen wurde. Auch heute wollen sogenannte „Schwulenheiler“ Homosexuelle von Ihrer „Krankheit“ heilen und für manche sind händchenhaltende Pärchen gleichen Geschlechts ein Affront. 

Einweihung des Karl-Heinrich-Ulrichs-Platzes – der erste Kämpfer für die Rechte von Homosexuellen 2015-05_Frühstück-1

Unser Ausflug führte uns zunächst zur Weißadlergasse, in der ein Platz nach Karl Heinrich Ulrichs benannt wurde, der von 1825 bis 1895 lebte und sich von 1859 bis 1864 in Frankfurt am Main aufhielt. Zur Eröffnung fanden sich etwa 150 Menschen ein, die den Reden der Ortsbeirätin und der des Bürgermeisters Olaf Cunitz lauschten. Cunitz ging hauptsächlich auf die städtebauliche Historie des Platzes ein. Der Stadtführer Christian Setzepfand schilderte lebhaft die Geschichte des Platzes aus sozialer Sicht und wies eindringlich auf die Leistung Karl Heinrich Ulrichs hin, der bereits Mitte des 19. Jahrhunderts der öffentlichen Verachtung und Anfeindungen zum Trotz Forderungen zur Gleichstellung Homosexueller stellte. Ebenfalls nachdenklich wie auch erfrischend waren die Darbietungen des Männerchors Mainsirenen, die Lieder, die mit dem Wirken von Karl Heinrich Ulrichs verbunden sind, ebenso wie Volkslieder vortrugen.

Die Ausstellung2015-05_Frühstück-4

Die Ausstellung des Freien Deutschen Hochstifts „Ausschluss eines Schwulen“ im Goethehaus schildert das Wirken von Karl Heinrich Ulrichs. Karl Heinrich Ulrichs war Jurist, Verleger und Pionier der Sexualwissenschaften. Er setzte sich öffentlich für die Rechte von Homosexuellen ein, focht diskriminierende Rechtsprechung an und setzte sich für Verfolgte ein. Als er 1867 beim Deutschen Juristentag öffentlich die Gleichberechtigung Homosexueller forderte, kam es zum Eklat. Bereits 1864 wurde er aufgrund seiner sexuellen Orientierung aus dem Deutschen Hochstift ausgeschlossen. Mehrmals wurde er für seinen Einsatz verhaftet. Seinen Status als Beamter verlor er ebenfalls.

Karl Heinrich Ulrichs gilt als der Vorkämpfer für die Rechte Homosexueller. Seine Forderungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden dann später von Magnus Hirschfeld aufgegriffen.

 Das Aids-Memorial

Zwischenzeitlich im Café Karin gestärkt, machten wir uns auf den Weg zum Aids-Memorial am Peterskirchhof. Es ist ein Ort des Gedenkens für die in Frankfurt an AIDS Verstorbenen. In die Wand des Memorials sind Nägel eingeschlagen, von denen jeder für den Tod eines Menschen steht und für die verschiedenen Verletzungen, die mit AIDS verbunden sind. Es ist außerdem ein Ort des Gedenkens für Menschen anderer Überzeugung, anderen Glaubens, anderer Gesinnung und anderer Lebensführung. Das Memorial wurde 1994 errichtet, der Tag, an dem des Weltaidstages zum ersten Mal in der Paulskirche gedacht wurde. Kreiert wurde es von Tom Fecht, der es „Verletzte Liebe“ nannte und damit auf die mit AIDS verbundene Einsamkeit, Diskriminierung, Angst, Verlust und Stigmatisierung aufmerksam machen wollte. An jedem 1. Dezember, dem Welt-AIDS-Tag, werden nach einem Trauermarsch die Namen der Toten des vergangen Jahres vorgelesen und zu ihrem Gedenken Nägel am Memorial hinzugefügt.

 Der Frankfurter Engel

Der Frankfurter Engel am Klaus-Mann-Platz ist das Mahnmal der Homosexuellenverfolgung. Es wurde 1994 als erstes seiner Art in Deutschland der Öffentlichkeit übergeben. Gestaltet hat ihn Rosemarie Trockel nach der Vorlage einer Engelsfigur vom Kölner Dom. Es symbolisiert die Narben, die sich durch Verfolgung ergeben und das Anderssein. Das wird auch durch die verzerrte Gestaltung des Platzes deutlich. Interessant ist, dass das Gesicht des Engels in Richtung Gericht schaut und damit die Rolle der Rechtsprechung bei der Verfolgung Homosexueller im Rahmen des Paragraphen 175 anklagt. Neben der Nähe zum Gericht wurde der Standort auch ganz bewusst in Nähe des Peterskirchhofs gewählt. Die Lage vermittelt außerdem die Nachbarschaft zur homosexuellen Kultur und Subkultur Frankfurts.

 

Schlussappell

Der Frankfurter Engel hat folgende Inschrift:

„Homosexuelle Männer und Frauen wurden im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet.

Die Verbrechen wurden verleugnet, die Getöteten verschwiegen und die Überlebenden verachtet und verurteilt.

Daran erinnern wir in dem Bewusstsein, dass Männer, die Männer lieben und Frauen, die Frauen lieben immer wieder verfolgt werden können.“

Von Karl Heinrich Ulrichs ist der Satz:

„Bis an meinen Tod werde ich es mir zum Ruhme an rechnen, daß ich am 29. August 1867 zu München in mir den Muth fand, Aug‘ in Auge entgegenzutreten einer tausendjährigen, vieltausendköpfigen, wuthblickenden Hydra, welche mich und meine Naturgenossen wahrlich nur zu lange schon, mit Gift und Geifer bespritzt hat, viele zum Selbstmord trieb, ihr Lebensglück allen vergiftete. Ja, ich bin stolz, daß ich die Kraft fand, der Hydra der öffentlichen Verachtung einen ersten Lanzenstoß in die Weichen zu versetzen.“2015-05_Frühstück-3

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